← previous next →

This document is part of the Ocean Girl Archive — Last update: 2009-02-15 — sourcemeta

Author:Peter Hepworth
Published:1994-01-01
Archived:2008-05-08

8. Das große Zittern

„Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den Tauchkurs vorerst nicht gemacht“, murrte Jason während er seinen Tauchanzug anlegte.

Brett legte seinen Virtual-Reality-Helm beiseite. Sooft er es auch versuchte, er konnten Zorgoman, den Master-Androiden, nicht besiegen. „Was ist los?“

„Ich habe gerade herausgefuden, dass ich diesen Morgen einen Tauchgang machen muss und rate mal, wen sie mir als Parner gegeben haben! Vanessa.“

„Grauenhaft.“

„Du sagst es.“

„Denk dran aufzupassen, was du sagst.“

„Aber hör’ mal“, antwortete Jason, „du erzählst mir nichts, was ich nicht bereits weiß“ und er begab sich grimmig zum Ausrüstungslager um seine Tauchflaschen abzuholen.


Währenddessen war Vanessa in der Kantine und versuchte, mit Jodie zu reden. Aber Jodie’s Aufmerksamkeit war auf etwas anderes gerichtet. Sie starrte schwärmerisch auf einen hochgewachsenen, gutaussehenden Jungen, der sich an einem weiter entfernten Tisch unterhielt.

„Sieht er nicht toll aus?“ seufzte Jodie. „Er heißt Billy Neilson. Er ist gerade erst als Kadet in der Computerabteilung angekommen.“

Vanessa presste ihre Lippen aufeinander. „Kannst du überhaupt noch an etwas anderes denken als an Jungs, Kleider und Schminke?“

„Gibt es noch etwas anders?“ antwortete Jodie unschuldig.

„Jetzt hör mal her, Hohlkopf, das ist wichtig.“ Vanessas Temperament schien langsam mit ihr durchzugehen. „Wenn wir heute von unserem Tauchgang zurückkommen, will ich, dass du an Jason Bates arbeitest.“

„Wie denn?“

„Was weiß ich. Dass solltest du eigentlich besser wissen als ich.“ Sie zeigte auf die Kopie des ’Groovy Girl’ Magazins vor Jodie. WIE MAN EINEN JUNGEN BEEINDRUCKT war auf der Titelseite geschrieben.

„Bring’ ihn einfach zum reden“, fuhr Vanessa fort, „und finde heraus, soviel du kannst. Verstanden?“

„Ja, in Ordnung“, sagte Jodie leise. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder zurück auf den hübschen Jungen. „Ich habe gehört, er sei siebzehn“, sinnierte sie. „Denkst du, das ist zu alt? Ich frage mich, ob er schon eine Begleitung für die große Party an Ostern hat?“

Lee kam hinzu, mit Daggy. „Wenn du jemanden suchst, nimm mich“, stellte er sich begeistert zur Verfügung.

„Krieg dich wieder, Geoffries“, sagte Vanessa mit einem hohnenden Lachen. „Kein Mädchen, das einigermaßen klar denken kann, würde mit solch einem hässlichen Blödmann wie dir irgendwo hingehen.“

Daggy schaute verletzt. Sein Gesicht wurde rot. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, überlegte es sich dann aber besser. Er drehte sich um und ging hinaus.

„Das war wirklich übel, Vanessa“, sagte Lee. „Warum läufst du immer rum und machst die Leute schlecht?“

„Weil ich kein kleiner Hosenscheißer von einer Tochter eines Comanders bin. Nächste Frage?“

„Du weißt, du denkst, du seist besser als alle anderen hier. Aber eines Tages wirst du herausfinden, dass du falsch liegst.“

Vanessa ignorierte sie. „Ich muss auf einen Tauchgang. Vergiss nicht, über was wir gesprochen haben“, sagte sie zu Jodie als sie herausstolzierte.

Lee ging auf die Suche nach Daggy und fand ihn in einem der leeren Lagerräume im Epsilon-Modul. Er saß dort alleine rum und war traurig.

„Sie hat recht, weißt du“, sagte er, als Lee sich neben ihm hinsetzte. „Ich bin einfach ein Blödmann. Jemand, über den man immer einen guten Witz reißen kann.“

„Das ist nicht wahr“, sagte Lee.

„Doch, ist es. Sogar, als ich in der Grundschule war. Eine Gruppe Jungs hatte mir erzählt, sie würden einen nackten Streifzug über den Schulhof machen. Und als die Zeit gekommen war, rate mal, wer den einzige war, der keine Kleider anhatte?“ Er deutete mit einem Nicken auf sich selbst. „Wenn ich wenigstens eine Sache gut tun könnte, wäre es ja nicht so schlimm. Aber ich bin bei allem hoffnungslos verloren.“

„Mach’ dich nicht schlechter als du bist. Nur weil ein paar Leute denken, du seist im Moment ein Blödmann, bedeutet das nicht, dass du einer für den Rest deines Lebens bleiben wirst. Es ist noch genug Zeit, sich zu ändern.

Und ich bin überzeugt, dass du dich in einen richtigen Gewinner verwandeln wirst.“

Sein Gesicht leuchtete auf. „Jawohl. Eines Tages, werden sie alle noch ihre eigenen Worte zu schmecken bekommen“, sagte er.

Doch dieser Tag war noch lange nicht in Sicht.


Jason war fünfundvierzig Meter unter Wasser, als Neri auftauchte.

Er hatte seinen eigenen Tauchgang beendet und spielte jetzt den Sicherheitsbeauftragten, als Vanessa den ihren begann. Er schaute ihr hinterher, als sie einen langsamen Abstieg begann. Plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Da er und Vanessa alleine waren, sprang Jason beinahe aus seinem Taucheranzug. Er wirbelte herum und sah Neri, die wild gestikulierend hinter ihm war.

Er schaute schnell nach unten und stellte erleichtert fest, dass Vanessa immer noch weiter abstieg, ohne zu merken, was über ihr geschah. Es würde noch einige Minuten dauern, bis sie wieder mit dem Aufstieg beginnen würde.

Der Rumpf des Tauchboots war fast direkt über ihnen. Jason zeigte auf die entferntere Seite. Wenn Vanessa nach oben schauen würde, würde wenigstens dies ihnen einen kleinen Schutz vor ihren Blicken geben.

Sie kamen beide neben dem Rumpf zur Oberfläche und Jason zog das Atemstück aus dem Mund. „Wie hast du mich gefunden?“

„Charley sieht dich“, antwortete Neri. Jason konnte in einiger Entfernung hinter ihr das Wasser aus dem Atemloch des Buckelwals spritzen sehen.

Neri kümmerte sich erst gar nicht darum, mehr zu erklären. Sie griff ihn aufgeregt an seiner Schulter. „Es gibt Gefahr! Charley mir gesagt. Kommt bald. Kommt großes Zittern!“

„Zittern?“ Jason war verwirrt.

„Zittern!“ sie hielt ihre Hände vor ihn und schüttelte sie heftig. „Erdzittern!“

„Erdzi… “, dann verstand Jason. „Du meinst Erdbeben!“

„Ja! Geh! Du musst deine Leute warnen!“


Neri rannte den Strand auf ihrer Insel hoch und hielt an, um zurück auf das Meer zu schauen. Charley suchte bereits Schutz in der Bucht, doch durch ihn begann sie das Geräusch zu hören. Ein tiefes Grollen, weit weg, das sich da aufbaute.

Sie lief in den Regenwald zu dem riesigen ausgehölten Baum, stieg in diese natürliche Festung, wodurch sie von einer hochgewölbigen Höle aus Holz unrundet wurde und setzte sich auf den Boden. Sie wußte, dass sie sicher war. Für ihre Freunde auf ORCA konnte sie nur hoffen.


„Ein Erdbeben, was?“ Lucas warf Jason einen kalten Blick zu.

„Ja.“

„Ich glaube, er hat einen Knall, Commander.“ Vanessa stand im Hintergrund und schaute Jason unheilvoll an. „Er kam ist runtergekommen und hat mich auf halbem Weg meines Tauchgangs deswegen aus dem Wasser gezogen.“

Lucas deutete auf seinen Kontrollschirm. „HELEN, gibt es irgendwelche Anzeichen für seismische Aktivitäten in diesem Gebiet?“

Nach einer kurzen Pause antwortete HELEN’s Roboterstimme: „Unsere Sensoren zeigen nichts an, Commander.“

Lucas nickte und wandte sich dann zurück zu Jason. „Dann ist das wohl deine Vorstellung von einem Witz, oder? Soll ich jetzt lachen?“

„Nein, ich… “

Lucas unterbrach ihn einfach. „Tja, da wollen wir doch mal herausfinden, ob ich keinen Sinn für Humor habe. Vor allem, wenn es um kleine Klugscheißer geht, die denken, sie könnten mich und die Crew zu Affen machen.“

Er rief über seine Schulter. „HELEN, suchen sie Dr. Bates und lassen sie sie sofort auf die Brücke kommen.“

„Ja, Commander.“

„Ich will, dass deine Mutter dafür herkommt“, sagte er zu Jason, „vielleicht wird sie dann verstehen, dass es höchste Zeit für euch alle ist, dass ihr alle mal etwas Disziplin beigebracht bekommt.“

Dianne kam gerade durch die Tür als der erste Schock einschlug. Die gesamte Brücke schien zu kippen und schaukelte wie verrückt. Ausrüstung kippte um und fiel auf den Boden. Kabel zerrissen und es regnete Funken. Die Luft füllte sich mit Geräschen sich verbiegenden Metalls. Jason und Dianne erwischten eine fest angebrachte Strebe und hielten sich so gut fest, wie sie konnten.

„Alarmstufe zehn… Alarmstufe zehn… “, begann HELEN zu tönen.

„Was zum Teufel war mit dem Frühwarnsystem los?“ schrie Lucas über den Lärm.

„Wir müssen einen Gerätefehler in den Sensoren haben, Sir“, schrie ein junger Offizier, der krampfhaft auf das Panel einhackte.

Der zweite Schock spaltete die Hülle im Epsilon-Modul. Wasser begann, hineinzuströmen. Daggy und Lee, die dort immer noch miteinander sprachen, mussten für ihr Leben rennen. Sie erreichten die wasserdichten Schotttüren gerade in dem Moment, als HELEN sie als Maßnahme gegen das ankommende Wasser schließen wollte. Daggy war vor Schreck wie versteinert.

„Los jetzt!“ schrie Lee und schob ihn vor sich her. „Wir sitzen sonst hier unten in der Falle!“

Sie schlüpften durch die sich schnell schließende Lücke. Einen Augenblick später erklang das Schließgeräusch hinter ihnen.

„Oh, das ist noch mal gut gegangen“, sagte Daggy mit bleichem Gesicht.

„Beinahe hätte ich meine Chance verpasst, sie ihre Worte fressen zu lassen.

Ich wäre als Blödmann gestorben.“

Als der dritte Schock traf, gingen alle Lichter in der Kantine aus. Brett, Froggy und Zoe kauerten sich unter einem Tisch zusammen. Froggy wimmerte vor Angst.

„Hörst du vielleicht bald auf, so ein Feigling zu sein?“ bat Zoe ihn.

„Ich kann nichts dafür. Ich habe eine lange zurückreichende Verwandschaft zu den Angsthasen. Es liegt in meinem Blut.“

Zoe schüttelte den Kopf. Jungen! Was für ein Haufen Idioten.

Dann schaltete sich die Notbeleuchtung ein und tauchte den Raum in ein schauriges rotes Glühen. Zur gleichen Zeit bekam der Süßigkeitenautomat einen Kurzschluss und explodierte, woraufhin in der Kantine ein Regen von Schokoladenriegeln niederging. Zumindest hatte es den Effekt, dass Froggys Winseln aufhörte. Es änderte sich in schmatzende und kauende Geräusche, nur hier und und da noch von einem vereinzelten Wimmern unterbrochen.

Der dritte Schock war zugleich der letzte.

Auf der Brücke ignorierte Lucas Jason und Dianne als er von HELEN einen Schadensbericht anforderte. Er überflog schnell die dreidimensionalen Diagramme, während sie auf dem Schirm auftauchten und brüllte währenddessen Befehle. Reparaturteams wurden zu den verschiedenen Sektoren entsandt während eine kleine Armee organisiert wurde, die das Wasser rauspumpen und die gerissene Hülle im Epsilonmodul reparieren sollte.

Als Lucas von Lee’s und Daggy’s glücklichen Flucht hörte, lies er sie holen. Zuerst umarmte er seine Tochter, dann wies er sie beide auf strenge Weise zurecht, weil sie sich in einem nicht zugänglichen Sektor aufgehalten hätten.„Von allen Leuten solltest du es am besten wissen“, knurrte er Lee an.

„Noch ein Regelverstoß, junge Dame, und du gehst zurück auf das Festland in ein Internat. Außerdem muss ich hinzufügen, dass du etwas gegen die schlechte Gesellschaft tun solltest, mit der du dich in letzter Zeit einläßt.“

Er war Daggy einen Blick zu, während er das sagte, aber Jason hatte das Gefühl, als sei auch er gemeint. Erst als die letzten Reparaturteams entsendet worden waren, wandte Lucas seine Aufmerksamkeit wieder Jason zu. Er ging auf ihn zu und stellte ihn zu Rede.

„Sehr schön“, sagte er leise, „du hast also Recht gehabt. Würdest du mir jetzt bitte erklären, wie du das wissen konntest?“

Jason war wie versteinert. In der Hast, die Warnung mitzuteilen, hatte er keine Zeit mehr gehabt, darüber nachzudenken. Seine Gedanken rasten. „Es waren… die Fische.“ Er fühlte sich, als klammere er sich an einen Stohhalm.

„Die Fische?“

„Ja“, improvisierte Jason. „Als wir draußen beim Tauchen waren. Mir ist aufgefallen, dass sie sich komisch verhalten haben. Als ob sie aufgeschreckt worden wären oder so. Und da habe ich mich daran erinnert, dass Mom mir einmal erzählt hat, was das bedeuten kann.“

Lucas knurrte ungläubig. „Erwartest du wirklich, ich würde dir glauben, dass dir das irgend eine vorbeischwimmende Sardine erzählt hat?“

„Warten sie einen Augenblick, Commander“, sagte Dianne und stellte sich zwischen sie. Wie Jason gehofft hatte, hatte es eine sofortige Wirkung gezeigt, dass er ihr Spezialgebiet betreten hatte. „Jason scheint recht zu haben“, fuhr sie fort. „Es gibt Beispiele von Filmaufnahmen des Verhaltens von Tieren aus der ganzen Welt, die scheinbar Erdbeben vorhersagen können. Und ich glaube, dass Meerestiere die gleiche Fähigkeit haben.“

„Entschuldigen sie, Doktor… aber das ist doch Quatsch.“

„Ach ja?“ Mom’s Nackenhaare hoben sich an. „Wie erklären sie es sich denn dann sonst?“

Lucas warf Jason einen zweifelhaften Blick zu. „Das war ein Glückstreffer“, gab er schließlich bekannt. „Ein Zufall. Der Junge hat eben Glück gehabt.“ Und er entfernte sich, so schnell er konnte.


Am späten Nachmittag war die Sonne fast am Horizont, als Neri aus dem Meer auftauchte. Sie hatte sehr viel Zeit mit Charley verbracht, zuerst um sich zu vergewissern, dass er in Ordnung war und dann um ihn zu beruhigen. Jetzt, da er beruhigt und die Gefahr vorrüber war, wandten sich ihre Gedanken Jason und Brett zu.

Sie hielt einen Moment lang inne und schaute nach Westen, wo sie wußte, dass ORCA dort im Boden des Ozeans verankert war. Einen Augenblick lang war sie unentschlossen, dann erfüllte sich ihr Gesicht mit einem Lächeln. Sie tauchte wieder unter und begann, westwärts zu schwimmen.


Die Korridore von ORCA waren diesen Abend fast leer, da der Großteil der Erwachsenen damit beschäftigt war, ihre Arbeitsräume wieder in Ordnung zu bringen und die beschädigten Geräte wieder zu reparieren.

Jason machte sich zu einem Spiel Simulo-Tennis mit Daggy im Erholungsraum auf. Als er durch einen verlassenen Aussichtstunnel ging, wurde er freudig von Jodie begrüßt. Jason hob die Augenbrauen, als sie auf ihn zu kam. Er war es gewohnt, dass sie sich immer schminkte, doch diesen Abend sah es so aus, als hätte sie sich besondere Mühe gegeben.

„Hi, Jodie. Was gibt’s?“

Sie lehnte ihren Rücken an die durchsichtige Wand und machte ein hübsches Gesicht. „Ich dachte einfach, wir könnten mal zusammen reden. Du weißt, wir sehen uns ab und zu mal, aber wir haben nie richtig die Chance, einmal alleine miteinander zu sprechen, oder?“

„Äh, ich glaube, nicht. Tja, dann schieß mal los.“

Jodie begann, zusammenhangloses Zeug zu reden. Jason war ziemlich verwirrt. Sie schien überraschend interessiert an ihren Fischausflügen zu sein und schlug sogar vor, einmal mitzumachen. Er wußte nicht, was er antworten sollte. Die Vorstellung von Jodie in einem Boot voller stinkender Fische erschien ihm irgendwie nicht so ganz logisch. Dann sah er etwas im letzten Winkel seines Auges, das alles andere aus seinen Gedanken verdrängte.

Im Meer außerhalb des Aussichtstunnels, direkt über Jodies Schulter, kam Neri näher und winkte ihm zu.

Sie schwamm hoch zu dem Fenster und schwebte dort lächelnd. Wenn Jodie sich umdrehen würde, konnte sie sie gar nicht übersehen.

Dann begann Jodie sich tatsächlich zu drehen. Jason fasste sie an beiden Schultern und schwang ihr Gesicht zurück in seine Richtung.

„wie wärs, wenn wir uns mal zusammen ein Boot holen und schauen, was wir da so fangen können… “

Er schaffte es, eine Hand so hinter Jodies Rücken zu bekommen, dass sie es nicht sehen konnte und wie verrückt Neri zu signalisieren, nach oben an die Oberfläche zu kommen.

„Ach ja, nur eine Regel, jeder muss seinen eigenen Fang ausweiden, einverstanden?“

Jodie verzog das Gesicht. Hinter Jodie sah Neri das Signal, nickte und begann mit einem lässigen Stoß aus der Sicht zu verschwinden.

„Igitt! Muss ich?“ sagte Jodie mit Widerwillen.

„Ja, so ist die Regel eben.“

Zu seiner großen Erleichterung waren Neris Füße verschwunden und sie war weg.

„Tja, ich denke, ich gehe jetzt besser zurück in meine Kabine. Ich muss noch’n paar Dinge erledigen. Aber wir werden definitiv einmal diese Fischexpedition organisieren, gut? Wir sehen uns.“

Er schlenderte los, ging durch die Kurve im Korridor, wartete einen Moment und schaute zurück um sicherzustellen, dass sie ihm nicht folgte. Dann rannte er zum Hauptaufzug.


Vanessa wartete bereits auf Jodie in der Kantine. Um sie herum brachte die Reparaturmannschaft immer noch den letzten Schliff bei der Reinigung an.

, Überhaupt nichts ist passiert“, berichtete Jodie. „Es war richtig langweilig. Alles, was Jason tat, war, über das blöde Fischen zu reden.“

Sie zog am Strohhalm ihres ProtoCola-Getränks. „Vanessa, bist du sicher, dass er etwas vorhat?“

„Ich bin mir absolut sicher“, sagte Vanessa leise.

„Tja, ich habe mein bestes getan. Ich werde immer noch meine Ohren offen halten, wie wir es abgemacht haben, aber ich sage dir — ich werde für niemanden Fischgedärme mit meinen Hände anfassen.“


Die Türe des Aufzugs öffneten sich und Jason kam heraus auf die Plattform. Um die helle Bogenbeleuchtung über ihm nicht zu aktivieren, sprang er aus einem Schatten in den nächsten und tastet sich den ganzen Weg vorwärts.

Es war niemand in der Nähe. Er ging zur dunkelsten Ecke und lehnte sich sich über den Rand. Unter ihm konnte er hören, wie die Wellen gegen den Stützmast klatschten. Er rief leise.

„Neri, Neri!“

Etwas kam neben ihm an die Oberfläche und Neris Gesicht blickt auf ihn, mit einem breiten Grinsen.

„Was denkst du dir eigentlich, was du hier tust?“

„Ich gekommen um sicherzugehen, dass du und Brett in Ordnung seid.“

„Uns fehlt nichts.“

„Und Mutter?“

„Ja, ihr auch nicht. Jetzt mach’, dass du von hier fortkommst!“

Aber Neri bewegte sich nicht vom Fleck. „Jason? Wie kann es drinnen hell sein ohne Feuer?“

„Es ist einfach hell, Neri. Nicht interessant für dich.“

Aber zu seinem Schrecken griff sie nach der Leiter um ihren Fuß auf die erste Stufe zu setzen.

„Jetzt bin ich hier, ich will es sehen.“

„Nein!“

Sie hielt inne.

„Neri“, fuhr Jason verzweifelt fort, „du kannst nicht an Bord kommen.

Es ist zu gefährlich. Das kann ich nicht zulassen.“

Sogar im halbdunkel leuchteten ihre Augen.

„Jason, wie willst du mich aufhalten?“ fragte sie lächelnd.

Jasons Huffnung sank, denn er wußte keine Antwort.

Sie kletterte eine weitere Stufe.

„In Ordnung!“ rief Jason un hielt sie fest, „In Ordnung. Ich werde mich drum kümmern. Aber nicht jetzt.“

„Bald.“ Es war keine Frage, sondern eine Forderung.

„Ja, so bald ich Zeit habe.“

„Schwörst du es?“

„Ich verspreche es. Aber jetzt geh bitte, bevor dich jemand sieht.“

Neri ging zurück ins Wasser und ihre Stimme kam aus der Dunkelheit.

„Vergiss nicht, Jason. Du hast es geschworen.“

„Ich hab es gesagt, oder? Aber jetzt geh zurück auf die Insel. Wir kommen morgen zu dir.“

Sie nickte, glitt fast geräuschlos unter Wasser und schwamm weg.

Jason schaute ihr hilflos hinterher. Oh nein dachter er. In was habe ich uns jetzt wieder reingeritten?


„Wir müssen sie irgendwie an Bord bekommen“, sagte Jason achselzuckend. „Wir haben keine Wahl.“

Mom war immer noch draußen und räumte fleißig mit Winston das Labor auf, so dass die Jungen zumindest in ihrer Kabine frei sprechen konnten.

Brett runzelte die Stirn. „Ist denn das nicht schrecklich riskant?“

„Es ist vielleicht riskanter, wenn wir es nicht tun. Sie war jetzt einmal hier draußen, und nichts hält sie davon ab, es wieder zu tun. Und wenn sie draußen vor diesen Fenstern rumschwebt, wird man sie sofort erwischen. Sie hat noch mal Glück gehabt, dass sie heute Nacht nicht gesehen wurde.“

„Tja, können wir ihr das nicht irgendwie ausreden?“

„Denkst du etwa, ich hätte das nicht versucht? Sie hat sich einfach stur gestellt. Und, wie sie gesagt hat, es gibt wirklich keinen Weg, wie wir sie aufhalten können.“

Jason begann hin- und herzugehen und dachte laut vor sich hin. „Ich stelle mir das folgendermaßen vor. Wir schmuggeln sie nur einmal hier her.

Verglichen mit der Insel wird sie diesen Platz so langweilig finden, dass sie nie wieder zurück kommen wollen wird. Damit wäre das Problem gelöst.“

„He, ’ne tolle Idee. Du hast recht.“

„Hoffen wir’s“, sagte Jason mutlos. „Andernfalls könnten wir den größten Fehler unseres Lebens machen.“